Jan Jandeart hört und malt Musik

Der gebürtige Tscheche, Jan Jandeart wanderte als junger Erwachsener in die Schweiz aus und kam erst spät zur Malerei, sein erstes Bild entstand 2015. Seitdem malt er, am liebsten mit Öl, Acryl oder Epoxidharz, und verbringt viel Zeit in seinem Atelier in der Nähe von Luzern. Seine grossen Vorbilder sind Salvadore Dali, Jackson Pollock und Anselm Kiefer. Im Interview erzählt Jan Jandeart von seinem Kunstschaffen und mehr.

Jan Jandeart

Jan Jandeart, bitte erzählen Sie uns: Wer sind Sie und welche Art von Kunst machen Sie?

Ich bin ein autodidaktischer Maler, der intensiv der Musik lauscht und die jeweiligen Stücke, so sie mich dazu anregen, dann auf die Leinwand bringt. So entstehen meine abstrakten Bilder, mit denen ich die Emotionen und Regungen einfangen möchte, die der dazugehörige Song in mir hervorruft. Ich visualisiere also gewissermassen die Resonanz, die ein Lied in mir auslöst. Das hat etwas sehr spontan Experimentelles aber auch Authentisches, das mich immer wieder aufs Neue begeistert, sowie mir ein Song begegnet, der in mir diesen Drang hervorruft, ihn derart festzuhalten – und sichtbar zu machen.

Musik und Malerei, wie kann man sich diese Kombination vorstellen?

Für mich ist diese Verbindung sehr organisch. Meine Bilder sind eine Brücke zwischen zwei Dingen, die mir beide lieb und teuer sind: Malerei und Musik. Ich höre Musik. Bewusst und intensiv. Und so wie sie auf mich wirkt, so bringe ich die Farben auf die Leinwand. Das Bild heisst dann so wie das Musikstück. Das ist ein Vorgang, der mich immer wieder aufs Neue stimuliert und der stimmungsmässig ganz unterschiedlich besetzt sein kann.

Ist das eine Art meditatives Malen?

Das hängt ganz vom Song und der emotionalen Resonanz ab, die dieser in mir hervorruft. Es ist insofern durchaus eine Art von Meditation, aber mitunter auch sehr intensiv. Das ist so flüchtig wie die Gefühlsregungen und Stimmungen, die ein Song zu gegebener Zeit in mir zum Vorschein bringt. Diese können heiter, weltentrückt aber auch sehr intensiv oder gar melancholisch sein. Oder aber auch eine abstrakte Mischung dieser und weiterer Gefühle, die sich simplen Etiketten wie „Trauer“, „Freude“ und der „Euphorie“ entzieht. Es kommt nicht von ungefähr, dass meine Bilder abstrakt sind.

Neben Ihrem Werk hängen Kopfhörer, über die der Betrachter das musikalische Werk hören kann. Warum machen Sie das und was interpretiert dann der Betrachter?

Mich fasziniert einfach diese audiovisuelle Resonanz. Ich mag diese Mischung sehr. Wie klar sie in ihrer Natur bisweilen sein kann, ohne jede trockene Deutungshoheit. Wenn ein Besucher mit dem Kopfhörer hört, was ich gehört und sieht, was ich gemalt habe, dann sieht er nicht nur das fertige Bild, sondern bekommt eine Ahnung vom gesamten Schaffensprozess. Um diese Perspektive ungefiltert einzufangen, male ich all meine Bilder unmittelbar unter dem Eindruck der Musik. Sie allein regt mich zu meinen kreativen Impulsen an. Ich mache mir vorab überhaupt keine Gedanken, wie ein Bild zu diesem oder jenem Musikstück aussehen könnte. Der gesamte Schaffensprozess startet und endet mit dem Lied. Insofern haben meine Bilder auch nichts Konzeptionelles. Sie sind unverfälschter Ausdruck. So spontan und stimmungsabhängig wie die Resonanz der Songs, die sie abbilden. Leute haben auch schon gesagt, dass sich die Farben beim Hören der Musik bewegen .… ist doch schön oder?

Welche Botschaften vermitteln Sie mit Ihren Bildern?

Das ist ja gerade der Punkt: Mir geht es nicht um Botschaften. Es geht darum, Musik zu sehen und Bilder zu hören. Insofern ist die Kombination aus Musik und abstrakter Kunst eine vollkommen organische für mich. Denn selbst bei Songs mit klarer Botschaft sind die Stimmungen sehr unterschiedlich. Selbst ein hochgradig politischer Song kann beispielsweise, ungeachtet davon wie textlich eindeutig er ist, ganz unterschiedliche Stimmungen auslösen. Rebellisch, melancholisch, resignierend und so weiter. Würde ich objektbezogene Bilder malen, dann würde ich bestenfalls Liedtexte abbilden. Aber was auf der Strecke bliebe, wäre die Musik an sich. Und so was interessiert mich einfach nicht. Botschaften sprechen für sich. Aber Musik eben auch. Vielleicht mag ich deswegen insbesondere sehr instrumentale Musikrichtungen, wie Jazz, die mein Schaffen häufig inspirieren. Auch wenn ich nicht auf eine Musikrichtung beschränkt bin. Wenn ein Song etwas in mir auslöst, dann male ich ihn. Eine Botschaft mag dabei den Ton setzen – aber sie ist niemals das Entscheidende.

Wo kann man Ihre Werke bewundern?

Ich hatte bereits in der Schweiz, in Österreich und in Deutschland Ausstellungen. Fast auch schon in Miami – doch dann kam Corona und hat mir, wie so vielen anderen Künstlern, das Leben schwer und die Dinge unvorhersehbar gemacht. Jetzt scheint sich die Situation zu verbessern. Wenn alles endlich wieder gut geht, werde ich im Oktober diesen Jahres in der Löwengalerie in Luzern eine Ausstellung haben. Möglicherweise auch in Deutschland. Meine Bilder können auch in meinem Atelier in Luzern, wo ich male, besichtigt werden. Und auf Instagram veröffentliche ich sie auch – gemeinsam mit der Musik.

Haben Sie ein Zielpublikum?

So spontan und unbefangen, wie meine Bilder entstehen, wäre es sehr überheblich, wenn ich es auf ein Zielpublikum anlegen würde. Offen für abstrakte Kunst zu sein, ist die einzige Voraussetzung.

Sie sind gebürtiger Tscheche und leben in der Schweiz. Was gefällt Ihnen an der Schweiz besonders?

Ich bin zwar gebürtiger Tscheche. Aber das ist keine Nationalität, in der ich mich selbst wahrnehme. Ich bin einfach „Erdenbürger“. Insofern bin ich auch überall dort zu Hause, wo ich mich wohlfühle und wo mich das Leben entsprechend hinträgt. Ich hatte mal Kanada als Wunsch-Destination. Aber wie das im Leben so ist, weiss man nie, wohin es einen verschlägt. Die Schweiz ist ein wunderbares Land. Ich habe hier viele Freunde gefunden und fühle mich wohl. Ob und wie lange mich das bindet, wird sich zeigen. Denn als Erdenbürger will ich auch viel von der Erde sehen. Das mag bedeuten, dass ich irgendwann die Zelte abbreche. Das weiss ich allerdings erst, wenn es soweit ist. Ich handhabe das also ähnlich spontan wie mit meinen Bildern.

Welche Wünsche haben Sie für die Zukunft?

Weiter mit Freude das zu machen, was ich jetzt mache und nicht zu etwas gezwungen werden. Gefühle und Entscheidungen gehören für mich untrennbar zusammen. Das gilt für die Kreativität genauso wie für das Leben.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Jandeart!

Jan Jandeart in seinem Atelier. Bild Jandeart.

Jan Jandearts abstrakte Gemälde sind von Musik inspiriert, und jedes Werk trägt den Titel eines Musikstücks. Er malt die Musik, lässt das Stück auf sich wirken und bringt seine Emotionen auf die Leinwand. In seinen Ausstellungen kann der Besucher deshalb nicht nur die Bilder betrachten, sondern auch das dazugehörige Musikstück hören. Seine Werke wurden bereits in Basel, Zürich, Zollikon, Freiburg und Wien ausgestellt. Weitere Ausstellungen in Deutschland und der Schweiz sind in Planung. Mehrere seiner Werke befinden sich aktuell im Besitz privater Sammler in der Schweiz, in Deutschland, in Frankreich und in Tschechien.

Instagram: https://www.instagram.com/jan_jandeart/?hl=de

Titelbild: Inspiration. Nina Simone