Vom alles haben wollen. Mehr Schein als Sein.

Jedes Glück hat einen kleinen Stich.

Ich habe das Gefühl, dass heute jeder und jede nur noch für sich schaut und überall immer echli ellbögelt. Warum sind wir so egoistisch geworden?

Ein Haus im Grünen mit grosser Terrasse, vorn der blaue See mit idyllischer Aussicht vom Badezimmer ins Alpenpanorama, hinten die Ladenstrasse und abends auf einen Drink hab ich nicht weit. Acht Zimmer, Garten mit Pool und alles was mein Herz sonst noch so begehrt. In der Garage stehen zwei, drei schicke Autos, Bikes und Fitnessgeräte nebenan. Und meine Küche topmodern ausgerichtet für kreatives Kochen bietet mehr Spielraum für mich und meine Gäste. Sie denken nun sicher an die egoistische Gesellschaft.

Uns ist klar geworden, dass der Kapitalismus angestiegen ist. Die Glücksversprechen sind zwar immer noch nicht eingelöst, wir sind aber überzeugt davon, dass uns ein gewisser Luxus mit einem der attraktivsten Partner, der exklusivsten Wohnung und natürlich immer mit dem neusten Fashionlook zusteht. Früher träumten wir von diesen Dingen, heute sind wir frustriert, wenn sie nicht automatisch vorhanden sind.

Verantwortlich dafür sind nicht nur die Banken mit ihren Hypotheken. Finanzinstitute locken mit Leasingverträgen und Kleinkrediten, um den Überfluss tatsächlich möglich zu machen. Die sozialen Medien zeichnen ein Bild der Menschen, die aus smarten Multimillionären besteht. Diese leben mit ihren süssen Kindern an verschiedenen Orten der Welt und die Arbeit ist nur ein Hobby. Daran messen wir uns: am Schein, dem wir ausgesetzt sind, wenn wir im Netz sind. Das heisst, 24 Stunden am Tag bis in die Nacht hinein online schauen, was der andere macht. Wir vergleichen uns mit Menschen, die «alles haben, ausser Probleme.» Der Schein trügt.

Doch es lässt uns den Mangel als Makel fühlen und bestätigt unsere Angst, nicht zu genügen, als unscheinbare Wesen im Erdboden zu versinken. Doch schliesslich sind wir jemand – Punkt – auch wenn wir glauben, uns in einem Wettlauf zu befinden. Wir wissen noch nicht, ob am Ziel das Glück auf uns wartet. Oder doch nur auf eine Spezies einzelner Menschen. Denn wir sind nicht in Globo die Gesellschaft.

Die einen werden es schaffen, die anderen werden am Boden liegen bleiben und sind selber schuld, weil sie eben nicht schön genug sind, oder nicht schlau wie ein Fuchs waren. Oder fehlte es gar an Talent, Fleiss und Durchsetzungskraft? Wir sehen nur noch Gewinner und Verlierer und einer soll bezahlen, darf aber dafür nichts verlangen. Die Entwicklung zeigt, einer allein kann nie alles haben.

Ihre Chillumna