Marie Franz vom Goldblattverlag hat zu 100 Prozent an dieses Buch geglaubt – und alles auf eine Karte gesetzt. Jetzt möchte die Verlegerin anderen Menschen Mut machen, an ihre Ideen zu glauben und nicht zu schnell aufzugeben. Das Mutmacher-Buch sollten wir uns alle merken.

Marie Franz ist Verlegerin vom Goldblatt Verlag, Lyrikerin und Autorin verschiedener Kinderbücher. Die Mutter von zwei kleinen Kindern setzt sich für soziale Projekte und für Umweltschutz ein. In den letzten Monaten hat sie über 6’000 Bilderbücher im Goldblatt Verlag mit dem Titel „Und die Menschen blieben zu Hause“ von Kitty O’Meara verkauft und damit ihre Existenz gerettet. Dabei ist sie mit 500 Euro Startkapital und ohne Branchenkenntnisse gestartet. Noch während sie im Herbst letzten Jahres an der Übersetzung gearbeitet hat, ist sie selber an Corona erkrankt und litt für über 6 Wochen an Post-Covid. Durch die Pandemie sind ihrem Partner, einem freiberuflichen Schauspieler so gut wie alle Einnahmen weggebrochen. Trotz prekärer finanzieller Lage hat sie Ende letzten Jahres einen 35.000€ Kredit aufgenommen und das Geld komplett in den Einkauf von 11’000 Bilderbüchern gesteckt.

Bild Nils Küchmeister

«Wer hätte gedacht, dass ich schon zu Beginn diesen Jahres mit einem einzigen Bilderbuch hohe fünfstellige Umsätze machen würde?» sagt Marie Franz heute und fügt an: «Sicherlich nicht die Leute aus meinem Umfeld, die meine Verlagsgründung vor knapp 5 Jahren irgendwie „süss“ fanden. Ihre beste Freundin habe ihr gesagt: „Willst du nicht lieber etwas RICHTIGES machen?»

Die Autorin war noch bis Anfang letzten Jahres völlig unbekannt – dann ging eines ihrer Gedichte aus dem Buch weltweit viral und wurde millionenfach geteilt. Schauspielerin Kate Winslet hat eine Rezension dafür geschrieben, die auf der Rückseite abgedruckt ist.

Interview mit Marie Franz

Trotz prekärer Vorgeschichte, warum kamen Sie auf die Idee einen Verlag zu gründen? Es gibt doch schon so viele Verlage.

Ich habe damals ganz stark gefühlt, dass das mein Weg ist und bin dieser Intuition gefolgt. Anstatt mich zu fragen, was realistisch ist, habe ich das gemacht, worauf ich am Meisten Lust habe. Dadurch habe ich damals schon das gelebt, wofür alle meine Bücher inhaltlich heute stehen: Der inneren Stimme vertrauen, einfach mal machen und Mut haben, auch wenn man unsicher ist oder Ängste hat.

Sie waren mitten in der Corona-Krise mit einem Bilderbuch sehr erfolgreich. Was möchten Sie mit dem Buch „Und die Menschen blieben zu Hause“ bezwecken? Ist es eine Art (Über)-Lebenshilfe?

Das Bilderbuch richtet sich an Kinder und Erwachsene und zeigt uns, dass wir auch in schwierigen Situationen immer einen Handlungsspielraum haben und den Mut nicht verlieren dürfen. Das bedeutet nicht, dass man nicht auch traurig und verzweifelt sein darf. Aber wenn wir uns immer wieder erneut auf das ausrichten, was uns bestärkt und in unserem Denken und Handeln kreativ bleiben – dann ist das schon die halbe Miete. Das Buch hilft dabei – nicht nur inhaltlich, sondern auch durch wunderschöne großformatige Illustrationen.

Bitte erzählen Sie uns mehr

Das Buch basiert auf einem Gedicht der Amerikanerin Kitty O’Meara, das im März 2020 weltweit viral gegangen ist. Es erinnert uns daran, uns auf das zu besinnen, was uns wirklich wichtig ist. Und zwar über den eigenen Tellerrand hinaus. Das Buch thematisiert zum Beispiel auch, wie wichtig es ist, langfristig respektvoll mit unserer Erde umzugehen. Sie ist unser Zuhause und so schützenswert. Durch Corona merken wir Menschen gerade, wie schnell unsere vermeintliche Sicherheit ins Wanken geraten kann. Und wir dürfen uns nicht für zu unbedeutend halten, um dabei einen Unterschied zu machen und das Ganze in die richtige Richtung zu lenken.

Ein Mutmacher-Buch für alle?

Dieses generationsübergreifende Buch ist für alle, die einen Lichtblick gebrauchen können – und eine Prise Motivation, um allen Widrigkeiten zum Trotz optimistisch zu bleiben. Denn es gibt nichts, was mehr beruhigt und bestärkt, als hoffnungsvoll in die Zukunft zu blicken.

Ihrem Verlag ist mit diesem Buch der Durchbruch gelungen. Wie fühlt es sich an, plötzlich so bekannt zu sein?

Ich bin vor allem erleichtert. Dieses Buch umzusetzen war ein großes finanzielles Risiko für meinen unabhängigen Verlag, das mich viele schlaflose Nächte gekostet hat. Aber manchmal muss man alles auf eine Karte setzen. Durch diesen Erfolg jetzt, bekommen auch alle meine anderen Bücher viel mehr Aufmerksamkeit und ich darf endlich die Früchte jahrelanger harter Arbeit ernten. Darüber bin ich sehr dankbar und glücklich.

Sollten wir nun alle Bücher schreiben, wenn wir uns in einer Krise befinden? Oder ist mehr die Idee dahinter, etwas zu TUN, anstatt passiv zu warten?

Wir dürfen uns fragen, wonach wir uns sehnen. Viele Menschen geben ihren kreativen Ideen und Talenten nicht genug Raum. Dabei schöpfen wir so viel Kraft aus Ihnen und wenn sie unausgelebt in uns schlummern, kosten sie uns schlimmstenfalls viel Lebensfreude. Jeden erfüllt etwas anderes, die Frage, wie wir leben wollen, müssen wir fernab von den Erwartungen Anderer beantworten. Wir dürfen unser Leben aktiv nach unseren Vorstellungen gestalten, unseren Interessen Raum geben und all unsere Möglichkeiten ausloten. So können wir auch schwierige Phasen selbstbestimmt überstehen.

Welches sind Ihre nächsten Buchprojekte?

Viele der Bücher, die ich für 2020 geplant hatte, sind durch „Und die Menschen blieben zu Hause“ nach hinten gerutscht. An denen arbeite ich gerade mit meinem Team. Es sind neue spannende Kinderbücher dabei, aber auch einiges für Erwachsene. Mein Schwerpunkt liegt da in diesem Jahr auf Geburt und Mutterschaft. Die Bücher, die im Goldblatt Verlag erscheinen, sollen die Menschen an ihr unbegrenztes Potenzial erinnern und ihnen dabei helfen, es voll auszuschöpfen. Mein Motto dabei: „So viel Schönes wartet auf dich!“.

„Mut brüllt nicht immer nur. Mut kann auch die leise Stimme am Ende des Tages sein, die sagt: Morgen versuche ich es nochmal.“  – Mary Anne Radmacher (Schriftstellerin)

 
Goldblatt Verlag Berlin
«Und die Menschen blieben zu Hause»
von Kitty O’Meara | Illustriert von Stefano Di Cristofaro und Paul Pereda. Aus dem Englischen von Jennifer Holleis
 Altersempfehlung: 4 – 99 Jahre
32 Seiten | 31 cm x 24 cm | ISBN 978-3-948676-03-2, 17,95 Euro
 

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