EIN INTERVIEW MIT SIMON VON FOODYBLUTT

Beim Einkaufen kommt man fast bei jedem Verkaufsartikel in irgendeiner Form mit Plastikverpackungen in Berührung. Nicht so aber in dem Unverpackt Laden mit dem Namen Foodyblutt im Basler St. Johanns-Quartier. Unverpackt, nachhaltig und ohne Plastik einkaufen: Wie geht das? Ich habe mit Simon Aeschbacher von Foodyblutt darüber gesprochen.

Selina Meier

In den meisten Kantonen der Schweiz gibt es sogenannte Unverpackt Läden, wo unter anderem Plastikabfälle umgangen werden können. Damit der Einkauf aber auch wirklich plastikfrei ist, braucht es einige Vorbereitungen. Beispielsweise sind Einmachgläser oder andere leere Behälter etwas, das von zu Hause mitgebracht werden sollte, um dann in den Läden die Lebensmittel direkt abfüllen zu können. In den meisten Läden können solche Gläser jedoch auch gekauft werden. Das Ziel ist es aber nicht, dass diese nach jedem Gebrauch weggeworfen, sondern eben wiederverwendet werden. Wiedeverwendbare Obst- und Gemüsenetze sind auch ideal, um auf Plastiktüten zu verzichten.

Der beste Abfall ist jener, der nicht entsteht

Foodyblutt stellt eine Alternative zum konventionellen Einkaufen dar. Es werden regionale Lebensmittel in Bio-Qualität, ökologische Haushalts- und Körperpflegeprodukte sowie weitere Artikel verkauft. Die Produkte sind je nach Bedarf direkt abzufüllen, so dass kein zusätzlicher Verpackungsmüll entsteht. Dahinter steckt ein neunköpfiges Team. Einer davon ist Simon Aeschbacher, der gelernte Physiotherapeut steht ehrenamtlich neben seinem Job einmal in der Woche im Foodyblutt-Laden. Ich wollte von Aeschbacher mehr über die Vision von Foodyblutt und die Zukunft des Einkaufens wissen. Foodyblutt ist es wichtig, dass die Antworten von diesem Interview als persönliche Meinung angesehen werden. Simon Aeschbacher hat nicht fürs Kollektiv gesprochen, sondern aus dem Kollektiv heraus und die Meinung von ihm kann die Meinung seiner Kollegen und Kolleginnen decken, muss aber nicht.

Simon Aeschbacher, du bist ein Teil des Foodyblutt-Teams. Wie bist du zu dieser Tätigkeit gekommen?

Aeschbacher: Grundsätzlich bin ich Physiotherapeut, arbeite in einer Praxis und nebenbei ehrenamtlich bei Foodyblutt. Ich bin da hineingerutscht, weil gute Freunde von mir mit dem Ganzen begonnen haben. Das Team startete im Mai 2019 mit den ersten Festlegungen von Grundsätzen und Statuten. Wir sind als Verein organisiert. Ich bin dann im September 2019 dazu gestossen. Um diese Zeit wurde auch das Kernteam von neun Personen gebildet und mit der Planung und der Organisation für die Umsetzung begonnen. Im Dezember 2019 ist dann schliesslich Foodyblutt in Basel aufgegangen.

Wie würdest du das Ziel von Foodyblutt beschreiben: Was ist eure Vision?

Aeschbacher: Der Unverpackt-Laden ist mehr unser Aushängeschild. Dahinter haben wir noch viel mehr Ideen und Grundsätze, die wir verfolgen. Wir wollen das Wirtschaftssystem und den Arbeitsmarkt hinterfragen, arbeiten so beispielsweise auch ohne Hierarchien. Wir entscheiden alles im Konsens. Unser Ziel wäre es aber auch ein Quartiertreffpunkt zu sei, Events oder auch Vorträge zu organisieren. Leider wurden wir in diesem Ziel aufgrund von Covid-19 ein wenig ausgebremst. Zudem wollen wir interaktiv mit unserer Kundschaft oder auch den Menschen im Quartier im Austausch stehen. Gerne wollen wir ein Treffpunkt und Austauschort sein und sehen so den Laden mehr als Plattform an. Der Unverpackt Laden ist unser Gesicht, wo wir uns zeigen können. Wie gesagt, Covid-19 hat uns ein wenig ausgebremst, aber wir hoffen, wir können bald wieder aktiv werden. Auch unser Verein soll immer grösser werden und wir fänden es schön, wenn sich immer mehr aktiv beteiligt würden, im Lokal stehen oder auch im Hintergrund organisieren würden. Dies ist aber sicher ein mehrjähriger Prozess.

Wie kam es denn zu der Idee Foodyblutt zu eröffnen?

Aeschbacher: Das Ganze ist an der GV von Basel unverpackt, dem Unverpackt Laden am Erasmusplatz, entstanden. Da hat jemand, der an der Versammlung dabei war, kommuniziert, dass das Ladenlokal unten in seinem Haus frei wird. Ihm war es wichtig, dass ein Laden öffnen wird, wo er als Person dahinterstehen kann und das Konzept unterstützenswert findet. Er selbst hat dann den Input vom Unverpackt Laden gebracht. So stellte er die Lokalität Basel unverpackt zur Verfügung. Dieses Team musste aber abwinken, da sie keine Zeit für einen weiteren Laden hatten. Auch dort geht der Grossteil des Kernteams neben der Arbeit im Unverpackt Laden ihrer ursprünglichen Tätigkeit nach. Und so entschieden meine Freunde, dass sie es machen wollen.

Ihr seid der dritte Unverpackt Laden in Basel. Arbeitet ihr gerade aufgrund eurer Geschichte eher eng zusammen oder gibt es da Konkurrenz untereinander?

Aeschbacher: Wir arbeiten eng mit Basel unverpackt zusammen. Sie konnten uns viele hilfreiche Tipps geben und wir stehen regelmässig mit ihnen im Austausch. Uns ist es allgemein sehr wichtig, das ist auch so in den Statuten festgehalten, dass wir keine Konkurrenz sein wollen. Auch nicht in Bezug auf die anderen Quartierläden. Weswegen wir auch auf gewisse Produkte, wie Milchprodukte, verzichten. Da es in der Nähe einen Käseladen gibt.

Wie würdest du eure Kundschaft beschreiben?

Aeschbacher: Mittlerweile haben wir auf jeden Fall viele Stammkunden. Ich bin immer am Mittwochnachmittag dort und treffe Leute die regelmässig kommen. Natürlich finden auch immer wieder einige neue Kunden und Kundinnen zu uns. Jene, die neu ins Quartier ziehen oder spezifisch auf der Suche nach einem ‹Quartierlädeli› oder einem Unverpackt Laden sind, stossen zu uns. Es gibt aber sicher auch solche, die einfach zufällig am Laden vorbeikommen und hereinkommen.

Habt ihr seit Beginn der Pandemie neue Kundschaft gewonnen?

Aeschbacher: Im Frühling haben wir sicher Kundschaft gewonnen. Aufgrund von Home-Office oder auch, weil viele für einige Zeit nicht zur Arbeit konnten, hatten vermehrt Menschen mehr Zeit, so auch, um einmal etwas Neues auszuprobieren. Ich habe im Frühling von einigen gehört, dass es ihnen wohler sei im Foodyblutt einzukaufen, da die Auswahl übersichtlicher als in einem Grossverteiler ist und nicht alle alles anfassen. Dies war sicher eine kurzfristige aber nicht unbedingt langfristige Verhaltensänderung. Viele haben es aber auch geschätzt, dass man mit uns sprechen kann. Das persönliche geht bei den Grossverteilern verloren. Für uns war dies eine Chance. Grundsätzlich habe ich aber das Gefühl, Covid-19 hin oder her, dass seit der Eröffnung immer mehr Menschen bei uns einkaufen kommen. Dies ist aber auch darauf zurück zu führen, dass wir immer wieder neue Produkte in unser Sortiment aufnehmen. Seit Herbst haben wir beispielsweise ein Tofu-Abo und neu bieten wir auch Brot von Löwenbrot an. Das zieht vermehrt neue Kundschaft an.

Unverpackt Einkaufen braucht Organisation und Zeit: Wie würdest du dies kommentieren?

Aeschbacher: Es ist sicherlich etwas Neues. Als ich zum ersten Mal unverpackt einkaufen ging, empfand ich es als ziemlich speziell. Man muss wissen was man braucht. Denn für jedes Produkt muss ein Behälter mitgebracht werden. So sollte zuhause gut überlegt werden, was gebraucht wird und nicht erst im Laden. Es ist dadurch ein bewussteres Einkaufen. Aber es ist wie bei jeder Neuerung eine Gewöhnungssache, bis man es irgendwann als die Norm ansieht.

Wie ist es preislich in einem Unverpackt Laden zu einkaufen?

Aeschbacher: Mit den Grossverteiler können wir uns preislich nicht vergleichen. An dieser Stelle sollte man sich aber auch bewusst sein, dass die Preise in den Grossverteilern auch zu hinterfragen sind. Meiner Meinung nach sind sie eher zu tief. Beispielsweise werden Schweizerbauern vom Staat subventioniert, auch nur, weil sie für ihre eigentlichen Produkte zu wenig bekommen. Es ist sicher ein wenig teurer bei uns einzukaufen, aber wir haben jene Preise, welche es eigentlich sein sollten. Es sollte vielleicht ein Umdenken stattfinden!

Siehst du in den Unverpackt-Läden einen momentanen Boom?

Aeschbacher: Allgemein sind in den letzten Jahren extrem viel Unverpackt Läden aufgegangen. Ich denke momentan ist es auch einfach darauf zurück zu führen, dass es ein grosses und viel besprochenes Thema ist. Menschen suchen die lokalen Produkte. Auch in der Stadt verspürt man den Trend wieder hin zu den kleineren ‹Lädeli› und weg von den Grossverteilern.

Wie stellst du dir die Zukunft des Einkaufens vor?

Aeschbacher: Unverpackt ist sicher immer mehr ein Thema. Auch Grossverteiler sind mittlerweile auf diese Schiene aufgesprungen. Das Bedürfnis und Bewusstsein sind sicher in den letzten Jahren auch grösser geworden. Beispielsweise auch aufgrund Diskussionen über Co2-Bilanzen von Produkten. Ob unverpackt die Zukunft ist, weiss ich nicht. Aber sicherlich ist momentan der Trend zu verspüren gewisse Behälter und Säckli immer öfters zu brauchen und weg vom Einweg zu kommen. Ich persönlich wünsche mir, dass es in eine lokalere Richtung gehen wird, dass mehr Menschen auch immer mehr von lokalen Produzenten kaufen und die Wertschätzung der Produkte steigt (vgl. Preise in den Grossverteilern).

Solch ein «Co2-Problem-Produkt» ist beispielsweise Kaffee, welchen ihr auch im Sortiment habt. Wie handhabt ihr dies?

Aeschbacher: Das stimmt. Kaffee hat nicht wirklich die beste Co2-Bilanz. Unser Kaffee kommt von Mexiko und wird mittels Segelschiff nach Europa transportiert. Somit wird er möglichst Co2-arm transportiert. Die Bohnen kommen in 10kg Kessel zu uns, die wir dann wieder zurückgeben und wieder befüllt werden. Der Wasserverbrauch für die Produktion von Kaffee ist leider aber der gleich hohe.

Zum Abschluss eine letzte Frage: Welche Produkte würdest du als «Renner» bezeichnet?

Aeschbacher: Sicherlich werden am meisten Essensprodukte verkauft. Als Renner sind sicher das Olivenöl aber auch der Kaffee zu nennen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Foodyblutt, Mittlere Strasse 82, 4056 Basel. foodyblutt@bluewin.ch

Titelbild: Aussenansicht des Foodyblutt Ladens in Basel. @Bild Selina Meier