Loslassen von toxischen Beziehungen leichtgemacht

Es dauert nicht mehr lange und der Winter liegt hinter uns. Dann steht das Erwachen von Flora und Fauna im Zentrum unseres Alltags und ganz von selbst bekommen unsere Sehnsüchte nach Bereinigung und Neuanfang Kraft. So ist es naheliegend, dass in der Zeit von Frühjahrsputz und Fasten nicht nur die unmittelbare Umgebung und der Körper einbezogen werden. Denn der Frühjahrsputz lässt sich auch auf die Psyche und auf toxische Beziehungen ausweiten und anwenden.

Von Birgit Farner-Schneeberger

Warum ich ausgerechnet jetzt hinterfragen soll

Jahrelange Partnerschaften können für uns ganz unbemerkt zu viel Routine und festgefahrene Verhaltensmuster enthalten. Immer häufiger finden sich darunter toxische Beziehungen, die einem von uns oder beiden tief an die psychische und physische Substanz gehen können. Die Ursachen toxischer Beziehungen können dabei sehr vielseitig sein. Oftmals wollen wir nicht wahrhaben, dass in unserer Partnerschaft etwas nicht stimmt. Dabei lohnt sich bereits ein ehrlicher Blick auf uns selbst in Vergangenheit und Gegenwart, um herauszufinden, ob wir uns in unserer Beziehung auf dem richtigen Weg befinden. An diesem Punkt fällt vielen von uns auf, dass es auch nach Jahren Themen gibt, die einen wütend, depressiv, unsicher oder ängstlich machen. Und es fällt auf, dass wir uns mehr mit Arrangements zufrieden geben als wirkliche Etappensiege innerhalb der Beziehung erreicht zu haben scheinen. Wir haben vor allem Angst unser Gegenstück zu verlieren oder den nächsten Streit auszulösen, wenn wieder einmal bekannte, sensible Themen angesprochen werden. Wer von uns ebenfalls an diesem Punkt steht, kann sich in der Zeit des Frühlings die Kraft der Natur zu eigen machen und in die Partnerschaft einbringen.

Toxische Beziehung? Schwächen & Probleme schnell erkennen

Wir sollten uns fragen, wie es uns in unserer Partnerschaft geht und bei welchen Themen und in welchen Situationen wir uns missverstanden, verletzt, kraftlos oder falsch behandelt fühlen. Um besser herauszufinden, ob man sich in einer toxischen Beziehung befindet, ist es zum Beispiel hilfreich, den Alltag und die daraus folgenden Anforderungen an die Partnerschaft vom gemeinsamen Umgang miteinander zu trennen.

Nicht immer können und sollten Streitereien, Stimmungsschiebereien oder Entscheidungen mit einem überlasteten Alltag gerechtfertigt und schön geredet werden. Es hilft uns nüchtern, reflektierend und so weit es geht wertfrei mit uns selbstkritisch umzugehen. Hier kann uns die Vogelperspektive weiterhelfen. Auf diese Weise können wir unsere eigenen Anteile klar erkennen und sehen, wie wir unsere Beziehung beeinflussen. Wenn wir an diesem Punkt wirklich ehrlich zu uns sind, können wir nachhaltig verstehen, ob und wie wir unsere Beziehung toxisch belasten.

Wege aus der toxischen Beziehung

Toxische Beziehungen werden seit Jahren als Trennungsgrund genannt. Sie bestimmen bei immer mehr Frauen und Männern Jahre der eigenen Biografie. Wenn wir wirklich eine bessere Beziehung mit unserem Gegenüber und uns selbst führen möchten, müssen wir uns genau jetzt unsere Partnerschaft ansehen.

Kommen zwei Menschen zusammen und gehen eine Partnerschaft ein, können sich im Laufe der Zeit Anzeichen einer toxischen Beziehung zeigen. Diese liegen in den jeweiligen Verhaltensweisen des einzelnen, die in der Partnerschaft negativ verstärkt werden können. Somit wirken die Partner in ihrer Beziehung aufeinander vergiftend. Damit lässt sich leicht verstehen, dass toxische Beziehungen die Partnerschaft von Anfang an oder nach und nach erschweren und ihren Fortbestand maßgeblich gefährden. Wesentliche Merkmale sind dabei, dass es zu ständigem Streit kommt, sowie Unzufriedenheit und Traurigkeit wiederkehrend oder sogar dauerhaft auftreten. In der Folge berichten Betroffene oftmals von einem sinkenden Selbstwertgefühl und Kraftlosigkeit. Eine einfaches Indiz für eine toxische Beziehung ist, dass während oder nach dem Kontakt oder Zusammensein ein ungutes oder schlechtes Gefühl zurück bleibt. Häufig wird auch von zunehmender Kraftlosigkeit gesprochen, je mehr Zeit miteinander verbracht wird.

Mögliche Anzeichen für toxische Verhaltensweisen:

– Emotionaler Druck & Manipulation

– Schuldgefühle & Selbstzweifel erzeugen

– Kränkungen, Abwertungen, körperliche Übergriffe

– Missgunst, Rücksichtslosigkeit, krankhafte Eifersucht

– Wiederholende & hemmungslose Grenzüberschreitungen

– Ansteigen von Verzweiflung

– Keine Möglichkeit sich aus logischen und „normalen“ Gründen zu trennen

– Reinszenierung von Kindheitserfahrungen/Traumata

– Isolation durch Partner:in von Familie, Freunden, Hobbies

– Partner:in steht im Mittelpunkt

Lieber Trennung als Kampf gegen Windmühlen annehmen

Wie lange es dauert sich von den Folgen einer toxischen Beziehung zu erholen, kann anhand unzähliger Betroffener leicht verstanden werden. Starke Selbstzweifel, die verzerrte Wahrnehmung der Vergangenheit und Realität bis hin zu schweren Depressionen können zu den direkten Folgen gehören. Je nach Schwere dauert die Bewältigung der seelischen Wunden mehrere Monate bis hin zu Jahren nach der Trennung. Wir sollten uns daher selbst fragen, wieviel wir und unsere krankmachende Partnerschaft uns wert sind. Sollten zur Partnerschaft Kinder dazu gehören, sollten wir uns ganz deutlich überlegen, was wir ihnen vorleben und mit auf den Weg geben möchten. Sind wir der Mensch geworden, der wir werden wollten? Wo geben wir zu sehr nach und was ist uns in unserer Partnerschaft zukünftig wichtig? Bewerten Sie so neutral wie möglich, wie viel Potenzial in Ihrer Beziehung wirklich vorhanden ist. Lohnt sich das klärende Gespräch in der Partnerschaft oder ist die Beziehung so deutlich toxisch, dass nur noch die Trennung bleibt? Dabei sollten wir nie vergessen, dass eine gute Partnerschaft einander Halt und ebenso mentale und physische Gesundheit geben soll und kann.

Birigt Farner-Schneeberger

Mag. Birgit Fahrner-Schneeberger, Msc. schloss 1998 an der Universität Wien ihr Psychologiestudium ab und erwarb zusätzliche Qualifikationen in Trauma- und Psychotherapie. Neben der Stelle als leitenden Psychologin im LKH Steyr und Enns von Trauma- und Essstörungsstationen ist sie ebenfalls als Dozentin für Psychologie an der Karl-Landsteiner Universität tätig. Sie arbeitet derzeit in eigener Praxis u. a. mit Trauma- und Hypnosecoachings und gründete dieses Jahr die Coaching Academy für Transformation und Kreation, um Menschen zu Dipl. Transformations- und Kreationscoaches auszubilden.

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