Mit kulturellem Erbe lässt sich Geld verdienen

Die Ortsbilder in vielen Schweizer Dörfern und Städten bewahren ihre Attraktivität durch den Erhalt von historischen Bauten, geschichtsträchtigen Hotels oder bedeutungsvollen Industriebauten.Für jeden fünften Gast in der Schweiz sind die historischen Attraktionen das Hauptreisemotiv. Und kann man damit Geld verdienen? Das Thema diskutierten am 29. September 2021 Touristiker und Denkmalschützer intensiv anlässlich der Innotour-Veranstaltungsreihe «walk the talk» vom Staatssekretariat für Wirtschaft SECO.

Baukultur, das sind die Zeugen unserer menschlichen Zivilisation: mittelalterliche Burgen, Dörfer und Städte, aber auch Bauernhöfe und historische Hotels. Das ist die Substanz unseres Landes. Gemäss der grössten Gästebefragung im Schweizer Tourismus (Tourismus Monitor Schweiz 2017) geben 18 Prozent aller Touristen an, dass sie wegen «historischen Attraktionen» die Schweiz als Reiseland wählen. Dies bedeutet, dass im Jahre 2019 das kulturelle Erbe rund 7.2 Millionen Hotellogiernächte ausgelöst hat. Trotz diesem vielversprechenden Reisemotiv tut sich der Schweizer Tourismus schwer mit innovativen Umnutzungen. Die Innotour-Veranstaltung «walk the talk» vertiefte das Thema mit den Experten Dr. Nina Mekacher (Bundesamt für Kultur), Esther von Ziegler (Verein Industriekultour), Urs Weber (Stiftung Schloss Burgdorf), Peter Durrer (Culinarium Alpinum) und Christof Steiner (Kurhaus Bergün, Swiss Historic Hotels). Moderiert wurde der Anlass des Staatssekretariates für Wirtschaft SECO durch Jürg Schmid, Mitinhaber von Schmid Pelli & Partner.

Das kulturelle Erbe interessiert und liegt im Trend

In einer globalisierten Welt wächst die Sehnsucht nach echten und typischen Angeboten. Gastronomie- und Hotellerie-Angebote in historischen Baudenkmälern treffen den Zeitgeist und schaffen direkter ein Erlebnis. Die globalen Trends nach Nähe, Authentizität und Sinnhaftigkeit beflügeln die Sehnsucht nach dem kulturellen Erbe.

Mit kulturellem Erbe lässt sich Geld verdienen

In historischen Bauten sind die Betriebskosten höher und die Abläufe durch die gegebene Infrastruktur oftmals erschwert. Wer das nicht realistisch einkalkuliert, verliert. Aber die Nachfrage nach Angeboten in historischen Bauten ist höher. Zudem lassen sich höhere Preise durchsetzen. Insgesamt machen die ökonomischen Vorteile, die effektiven Kostennachteile mehr als wett. Konsequenterweise entscheiden Struktur, Konzept und Human Power über Erfolg und Nicht-Erfolg!

Die initialen Investitionen bei Baukultur-Projekten sind hoch

Die Umwandlung in eine touristische Nutzung und der Betrieb von historischen Objekten verlangt zwingend nach Expertenwissen. Dieses Knowhow braucht es nicht nur bei der Planung, Realisierung, Betriebskonzeption, sondern auch in der Kommunikation und beim Storytelling. Denkmalschutz und inskünftige Betreiber müssen früh in die Planung einbezogen werden. Daher erfordert die Umwandlung von alt zu neu viel Geduld, Hartnäckigkeit und überdurchschnittliche Investitionen.

Die Finanzierung von Baukultur-Projekten stösst oft auf breite Unterstützung

Investitionskosten können kaum auf Miete oder Pacht übertragen werden. Die Finanzierung verlangt darum fast immer nach kreativen Ansätzen, die Akquisition von Mäzenen und öffentlichen Fördermitteln. Oft kann auch mittels Crowdfunding auf die grosszügige Unterstützung der Bevölkerung gezählt werden. Somit gelingt auch die Finanzierung nur mit einem überzeugenden Betriebskonzept, Betreibern mit Erfolgsausweis und viel Leidenschaft für das Projekt. 

 Drei von Innotour unterstützte Baukultur-Projekte mit Erfolgsausweis:

  • IndustriekultourDer Verein industriekultour hat sich zum Ziel gesetzt, dem interessierten Gast das kulturelle Industrieerbe als Erlebnis zugänglich zu machen. Spannende Touren zum kulturellen Erbe der Schweizer Industriegeschichte sind das Resultat. 
  • Schloss BurgdorfNach der Übergabe des Baudenkmals vom Kanton Bern an die Stiftung Schloss Burgdorf und nach zweijährigen Umbauarbeiten, erhält das Emmental einen neuen touristischen Leuchtturm. Mit einem Museum, einer Jugendherberge, einem Gastronomiebetrieb sowie Räumlichkeiten für Trauungen und Veranstaltungen wird das Schloss ein Ort für Alle und wichtiger Frequenzbringer für die Region.
  • Culinarium Alpinum, StansLange suchte der Kanton Nidwalden nach einer sinnvollen Nutzung des seit 2004 leerstehenden Kapuzinerklosters. 2015 wurde schliesslich das Konzept zum Culinarium Alpinum – Kompetenzzentrums für alpine Regionalkulinarik – vorgeschlagen. Im August 2020 öffnete die Einrichtung nach einer 18-monatigen Umbauphase. Im CULINARIUM ALPINUM werden ein konsequent regional orientiertes Restaurant und eine Herberge mit 14 Gästezimmern geführt.

Titelbild: Historischer Saal im Kurhaus Bergün.© kurhausberguen.ch