Priska Preiss gefällt, was sie tut. Die 49-jährige Bäuerin führt zusammen mit ihrem Ehemann, Marcel Preiss einen landwirtschaftlichen Betrieb in Weinfelden.

Die Landwirtschaft in der Schweiz hat sich in kurzer Zeit enorm gewandelt. Die Geschichte dieses Wandels bedeutet Mechanisierung, Modernisierung, Rationalisierung, Strukturwandel. Diese Erinnerungen teilten bereits die Vorgänger von Familie Preiss. Vor sechs Jahren haben Priska und Marcel Preiss den Betrieb von der Bauernfamilie Höltschi oberhalb von Weinfelden übernommen. Es ist ein ruhiger Ort inmitten der Natur an idyllischer Lage. Hier scheint die Zeit still zu stehen. Die Hunde begrüssen Besucher beim Hofeingang. Priska Preiss ruft sie zurück, sie gehorchen. Später bringt sie eine Kiste Äpfel vom eigenen Baum auf die Weide. Dort halten sich die beiden Wallache «Anatol» und «Aragon» auf. Sie sind eine belgische Pferderasse und bekannt als wertvolle Arbeitskräfte in der Landwirtschaft. Dort, wo vieles noch von Hand erledigt wird, zum Beispiel das Mähen am steilen Hang. Familie Preiss fährt mit Ross und Wagen, beladen mit Most zum Hofladen hinunter ins Dorf oder mit den Heuballen vom Feld in die Scheune. Priska Preiss’ Betrieb ist vielseitig, sie erzählt vom Beruf in der Landwirtschaft und mehreren Standbeinen. Diese bilden eine existenzielle Grundlage.

Quereinstieg in die Landwirtschaft

Vor ihrem strengen Bauernleben arbeitete Priska Preiss als kaufmännische Mitarbeiterin im Holzfachgeschäft ihres Mannes. Als die Kinder gross waren, wollte sie mit dem Bauernhof etwas Neues wagen. Das gelang ihr. Sie sagt: «Noch keinen Tag habe ich es bereut.» Das Ehepaar lebt im schmucken historischen Bauernhaus. Marcel und Priska Preiss machen soziales Engagement, ein Schüler der Sonderschule Mauren lernt bei Preiss den Umgang mit Tieren. Er mag auch die Arbeiten auf dem Hof.

Beim ersten Hahnenschrei aufstehen und so lange arbeiten, bis die Sonne untergeht – das war jahrtausendelang das Leben der Bauern. Mancherorts noch heute.Die Abhängigkeit vom Wetter und der Fruchtbarkeit der Böden erschwert manchmal den Anbau. Priska Preiss pflanzt saisonale Gemüse im eigenen Garten. Die 49-jährige Bäuerin mag ihren vielseitigen Beruf der Bäuerin, den sie am landwirtschaftlichen Zentrum in Flawil erlernte. Jungen Frauen, ja ihnen würde sie den Beruf der Bäuerin empfehlen. Einzig schwierig findet sie die Arbeit in der Massentierhaltung. Sie sagt: «Mir liegt nah an der Natur mehr, auch die Vielseitigkeit.» Den jungen Bäuerinnen rät sie, einen Garten anzulegen, so wie sie es tut. Er sei wichtig, im Takt der Jahreszeiten zu leben, von den Gemüsen und Früchten zu ernten, was da ist. Deshalb verbringt sie auch viel Zeit in der Küche beim Einmachen und Backen.

Bäuerin Priska Preiss betreut auf ihrem Bauernhof auch die beiden Wallache «Anatol» und «Aragon». Bild Manuela Olgiati

Begegnungen auf dem Bauernhof

Auf dem Hof leben viele Tiere: Schafe, Hasen, Hühner und Gänse gehen ein und aus. Im Hoflädeli verkauft sie frische Hühnereier, Fleisch und Most. Priska Preiss erzählt, dass Spaziergänger oft stehenbleiben und einen bewundernden Blick in den Hof werfen. Das sei mit ein Grund für schöne Begegnungen und Austausch. Sie sagt: «Zu hören sind schöne Geschichten.» Die Leute erzählen dann von ihren eigenen Kindheitserlebnissen auf dem Bauernhof, beim Grossvater oder bei Verwandten. Solche Erinnerungen findet Priska Preiss wertvoll. Hier gibt es Raum für Weiterbildung.

Preiss’ Bauernhof ist für Kinder interessant. Eine Waldspielgruppe besucht den Hof einmal pro Woche und bestaunt die Tiere. Auf Schulreisen zum «Tätsch» machen Lehrpersonen mit ihren Schülern bei Familie Preiss Halt und essen Zvieri. Natürlich steht dann auch einem Bauernhofrundgang nichts im Weg.

Dafür, dass der Hof ein Servitut von Pro Natura ist, haben Preiss’ Vorgänger geschaut. Grünflächen sind natürlich bewirtschaftet, Pflanzen bieten den Wildtieren Schutz im Geäst. Fuchs, Wiesel und der seltene Wiedehopf sind inmitten dieses Idylls heimisch. Rundum wächst und blüht Biodiversität.

Mehr Wertschätzung

Sie erinnert sich ebenso gerne an früher. Bäuerin war schon immer ihr Traumberuf, erzählt die Thurgauerin Priska Preiss weiter. Ihre Grosseltern hatten einen Bauernhof, ihr Vater verkaufte diesen als sie drei Jahre alt war. Sie sagt: «Ich habe in meinen Landdiensten viel Erfahrungen sammeln können.» Was sie an der Natur fasziniert, ist auch eine gewisse Abhängigkeit der Jahreszeit. Das Anpflanzen im Frühling, das Heuen im Sommer, das Obsten im Herbst seien mit schönen Traditionen verbunden. Hier können die Naturgesetze walten.

Im Winter habe sie mehr Zeit für sich, sagt sie, zum Beispiel um ein gutes Buch zu lesen. Das ganze Jahr über ist sie im Verein «Tischlein deck dich» engagiert. Einige Jahre besuchte sie die Proben in einem Chor und bis vor Kurzem war sie Mitglied im Vorstand der Grünliberale Ortspartei Weinfelden. Die Partei beteilige sich mit einem Flohmarkt am Biomarkt in Weinfelden. So treffe sie Gleichgesinnte. Wünsche an die Zukunft hat sie: «Mehr Wertschätzung in der Bevölkerung für die Landwirtschaft.» Sie zählt darauf, dass die Ernährungssicherheit umgesetzt wird, «so dass wir uns in der Schweiz weiterhin von eigenen Lebensmitteln ernähren können.» Und hätte sie noch einen Wunsch frei, wären dies mehr Freiräume, frische Produkte vom Hof zu vermarkten. Heute sei dies mit zahlreichen Auflagen verbunden.

Manuela Olgiati

Titelbild: Auf Strohballen im Stall macht Priska Preiss gerne eine kleine Pause. Bild Manuela Olgiati