Liebe auf den ersten Blick heisst im 21. Jahrhundert Liebe auf den ersten „Wisch“. Viele Menschen finden die Partnerin oder den Partner vermehrt auf Dating-Apps oder -Webseiten und lernen so Jemanden aufgrund eines in der App integrierten Algorithmus kennen. Verpönt war es vielleicht noch zu Beginn des Jahrhunderts, doch jetzt gehört Tinder, Bumble & Co. längst zum Alltag Liebessuchender mit dazu. Man hört zwar viel Negatives darüber, dass es zum Beispiel viel unpersönlicher sei, auf diese Art jemanden kennenzulernen, aber was bringt die Digitalisierung der Dating-Welt?

Selina Meier

Tinder ist 2012 auf den Markt gekommen und hat unsere Beziehung zu der Liebe verändert. Die Anthropologin Helen Fisher spricht hier von dem „romantic fatigue“-Syndrom. Nach der 74-Jährigen bedeutet dies: Der romantische Erschöpfzustand verursacht durch Technologie oder auch als Burn-out in der Liebe bekannt. Denn niemand habe uns beigebracht, wie solche Apps zu handhaben seien, sagt Fisher weiter. Technisch ist es nicht gleich menschlich, schliesslich ist es nur ein Tool, welches Leute auf oberflächlicher Weise vorstellt. Der Ratschlag von ihr ist, sich nach neun Kontakten aus den Apps wieder abzumelden, denn jeder weitere Kontakt sei eine Überforderung. Man solle doch lieber die Kontakte nach bewährtem Raster suchen, wie zum Beispiel in einer Bar, in einem Park oder sogar auf der Strasse Jemanden ansprechen.

Doch machen Tinder & Co. glücklich?

Diverse Studien bestätigen, dass sich inzwischen mehr Paare übers Internet kennenlernen als über gemeinsame Freunde. Verführerisch sind die Apps sicherlich, denn das „Spiel“ wird zur Sucht. Das Problem hierbei ist, dass sich auf diesen Plattformen meist Menschen, die nach einer Beziehung suchen, sowie Menschen, die beispielsweise nur nach einer Affäre oder nur auf Sex aus sind, vermischen. Dies führt häufig zu emotionalen Enttäuschungen. Eine im „Journal of Social and Personal Relationships“ veröffentlicht Studie besagt, dass viele nach dem Gebrauch solcher Apps einsamer sind als zuvor, was vor allem auf jene mit schwachem Selbstwertgefühl zutrifft. Wenn man nicht dem klassischen Schönheitsideal entspricht, wischt die Person nach links und es kommt zu keinem Treffer. Wenn es denn aber doch zu einem Treffe kommen sollte, sind sicherlich gewisse Hemmungen besser überwindbar, als wenn man jemanden persönlich vor sich hat. Nervosität und Unsicherheit lassen sich in einer geschriebenen Nachricht besser verbergen. Sicher ist aber Vorsicht geboten, beispielsweise vor Menschen, die Nacktbilder verschicken, welche man nicht zwingend sehen möchte. Das Glück aus den Händen zu geben ist aber nichts neues. Vermittlungsbüros aller Art gibt es nicht erst seit Kurzem. Wobei man diese Dating-Apps auch aus einem anderen Blickwinkel ansehen kann. So hat man die Möglichkeit sein Glück in die eigenen Hände zu nehmen. Man vertraut zwar in den Algorithmus, doch entscheidet man sich bewusst dazu in welche Richtung man wischt. So wird die Liebesauswahl von einem selber kontrolliert.

Was soll man also tun

Vielleicht sollte man sich bei einer Anmeldung, mit welcher Intention auch immer, nicht so viele Gedanken über die Zukunft machen und nicht verzweifeln, wenn es zu keinem Match oder einer Anschreibung kommt. Falls man aber die Liebesalgorithmen nicht mehr erträgt, kann man einfach der Liebesmagie Glauben schenken und aufhören nach der Liebe zu suchen, wenn es sein soll, wird einem das Liebesglück selber finden.

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